4 Letters to Uwe Laugwitz

1. 8 Oct. 1998 [.PDF]

2. On the name 'Hamlet' [.PDF

3. "Eric Sams ist kein Oxfordianer..." (with a letter-fragment) [.PDF]

4. Ein Nachruf von Ewe Laugwitz [read also as .PDF]

in Neues Shake-speare Journal, Band XI, 1999

 

Eric Sams hat als Außenseiter der Shakespeare-Forschung so viel einstecken müssen (und können), daß er einem hartgesonnenen Oxfordianer wie mir, der mit ihm im Bereich der sogenannten Apokryphen übereinstimmte, nach den ersten abtastenden Briefen zu Edward III unvergeßlich herzlich begeg­nete. Der hier abgedruckte auf deutsch geschriebene Brief mag als Beleg für seinen liebenswürdigen Geist vorerst genug sein, um diesen Band nicht allzu dick werden zu lassen. Seine Werke sind weiterhin eine Fundgrube für denjenigen, der die Shakespeare-Forschung der Stratfordianer gegen den Strich zu lesen vermag. Es wird in diesem Journal nicht das letzte mal davon die Rede sein.

Daß sich bisher noch niemand gefunden hat, den Edmund Ironside zu übersetzen, den als Werk Shakespeares durchzusetzen die Lieblingsidee Sams' war, ist eine Lücke, die zu schließen wir uns leider bisher vergeblich bemüht haben. Das Nachbarstück aus derselben Manuskriptsammlung, Thomas of Woodstock, in den 70ern übersetzt von Dietrich Schamp, der seit jenen Tagen mit Sams freundschaftlich verbunden war, liegt nun endlich in Buchform vor, bisher von der Öffentlichkeit äußerst hartnäckig ignoriert.

Eric Sams konnte am Ende an der Literatur nicht mehr teilnehmen. In seinem letzten Brief vom 17. 6. 1999 heißt es: „I fear that since my much beloved wife had a stroke last month I've become a full-time carer". Die Musik, so muß man annehmen, wird ihn bis zuletzt begleitet haben.

 

 

28. iv. 1999

 

Lieber Dr. Laugwitz,

   Vielen Dank für Ihren netten Brief.

Natürlich können Sie immer auf Deutsch schreiben. Leider muss ich, armer alter Herr (um nicht 'blöder Ochs' zu sagen) mich sehr anstrengen, in der selben vielgeliebten Sprache zu antworten. Ich brauche kaum zu sagen, dass ich so etwas nicht besonders gut kann. obgleich die Erfahrung für mich persönlich zweifellos lehrreich sein würde. Meine eignen Kenntnisse stammen aus dem 19ten Jahrhundert (daher die wohlbekannte Äußerung 'Sprechen Sie Langenscheidt?'); das ist aber mein Lieblingsplatz oder Standort, woraus ich wie aus einem Hinterhalt die Welt beobachten kann. D.h. die Welt in Musik gesetzt. Außerdem ist mir diese Sprache irgendwie angeboren, obgleich ich auch, und nicht minder eifrig, französisch studiert habe. Aber ich muss gestehn dass 'Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde' mir poetisch wenn nicht buchstäblich viel glaubwürdiger vorkommt als 'Au commencement, Dieu créa le ciel et le terre'. Auch in meinem Buch über Brahms Lieder hab ich deutlich empfunden, wie mühelos besser die Lutherische Übersetzung ist als (selbst) die englische Bibelfassung von 1611. 'O Tod, wie wohl tust du' z. B. ist um so viel einfacher and musikalischer als 'O death, how acceptable is thy sentence'.

   Derselbe Gedanke ist mir oft im Sinn. Gestern war ich bei dem Trauergottesdienst einen teuren Freundes, der eigentlich keinen Gott hatte als das Lied. Gestern auch hab einen Brief in dem London Times gelesen, dessen Schreiber bedauerte, dass ihm unlängst an Vertrauen mangelt, grüne Bananen zu kaufen.

    Woodstock: hiermit schicke ich Ihnen das Büchlein, das Ian Robinson geschrieben hat. Er war einst unter unseren besten Kritikern: hat aber seit lange nichts geschrieben. Zweifellos ist er krank gewesen, und vielleicht such alt geworden, seitdem das Heft erschienen ist. Ich würde dankbar sein, wenn Sie mir es zu gegebener Zeit zurückschicken könnten.

    Vielen Dank für Ihre elegante Version meines Hamlet Briefes. So weit ich mich daher erinnern kann, haben Sie seine eignen Worte buchstäblich übersetzt; so werden Sie natürlich seine Zustimmung haben. Es kommt mir aber vor, dass seine Punkte keineswegs spekulativ sind; mir scheinen sie, im Gegenteil, auf wohlbekannte and festgegründete Tatsachen zu verlassen!

   Ich könnte im nachhinein hinzufügen, dass Sadler in anderen Stratford-Dokumenten 'Hamlet' genannt wird, dass dieser Vorname such bei anderen Leuten im selben Archiv zu finden ist ('Hamlet Smith' zum Beispiel), und dass 'Hamlet' für Shakespeare nicht nur einen 'familienären' Namen sondern auch einen Familiennamen darbot, and zwar einen mit dem er­ kaum enger verbunden sein könnte.

   Leztens bin ich leider mit Peter Moore nicht sehr zufrieden. Er schreibt immer vom Oxfordischen Standpunkt: Der Sturm muss unbedingt vor 1604 geschrieben werden, daher kann kein Bericht von 1609 in die Frage kommen. Aber das ist reiner Unsinn. Zuerst soll man beweisen dass Oxford der richtige Verfasser sein muss; und von dieser verblüffenden Theorie hören wir keine einzige Silbe. Resultat: Schreibstoff nur für Dienstgebrauch, wie etwa The Watchtower nur für Jehovahs Zeugen gedruckt and vertrieben wird. Natürlich kennen Sie Ihre Leserschaft besser als ich: ich aber wollte kein Journal herausgeben, auf dessen Titelseite die Phrase 'nur für Oxfordianer' erscheinen sollte - und loch nirgends zu finden ist.

   Zum Schluss wollte ich nur sagen, dass man alle Fehler in diesem Briefe meinem alten Amstrad zuschreiben soll.